Die Fragestellung des Problems der mir gegenübersitzenden Tischgesellschaft kann wie folgt umschrieben werden: Wie soll man sich Kommunikation stechnisch präsentieren, wenn man am Tisch sitzt mit lauter vermeintlichen Alphatieren? Auf keinen Fall zu sozial, das wirkt so als wolle man die mangelnde Sachkompetenz mit „Liebheit“ kompensieren. Eine Spur Arroganz scheint sexy zu sein. Ruhig und unbewegt? Nein, das wirkt möglicherweise zu schüchtern und introvertiert.
Da versäumt man gar, sich das Sandwich zu genehmigen. Allerdings ist das präsentationstechnische Verhütung, da ein zurückgebliebenes Stück Schinken auf den Lippen, das positive Wahrnehmungsbild, welches im Nächsten in mühsamster theatralischer Kleinstarbeit herangezüchtet wurde, schlagartig vernichten kann. So ein herzhafter Biss in erlauchter Gesellschaft kann sich bei einer überhasteten, unüberlegten Bisstechnik gar Ruf ruinierend auswirken.
Eine Dame des Kreises scheint sich um diesen unausgesprochenen Kommunikationskonsensus nicht zu scheren. Selbstgefällig dominiert sie in unsympathischer Nervosität die Runde. Kaum überwindet sich jemand, den Monolog zu unterbrechen oder zu bereichern, setzt sie ihn bereits mit Vehemenz wieder fort. Methodisch agiert sie geschickt, da sie die vereinzelten Beiträge der anderen jeweils überschnell bestätigt, diese dann aber in eigener Manier und mit Hilfe einer dem Sachverhalt unangemessenen Mimik und Gestik für sich selbst geltend macht.
Auf den Grüften meiner Selbstgefälligkeit steigt das Bild einer gackernden Henne auf. „Nicht!“ ruft mein christliches Gewissen. Ich kann mich durchringen zur caritativen Frage, wie um Himmels willen man dieser Frau nur helfen könnte. Als ich mir mögliche Szenarien bildlich vorstelle, winke ich innerlich ab. Mein Kaffee ist kalt geworden. Die Stühle der obligaten Schicksalsgemeinschaft beginnen sich zu bewegen. Die Truppe steht auf und schleift sich erschöpft die Treppe hinab in den Lesesaal.
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